Die Gentechnologien gelten als Sammelbegriff, unter dem diverse molekularbiologische Methoden subsumiert sind, mit denen sich das Erbgut von Viren, Mikroorganismen, Pflanzen, Tieren und auch dem Menschen experimentell analysieren und gezielt modifizieren lassen. Dieser Pool an Verfahren findet mittlerweile breit gefächerten Einsatz: Insbesondere die Vernetzung von Grundlagenforschung, Anwendung und Technologieentwicklung kennzeichnet die gegenwärtigen Biowissenschaften und stellt damit gleichzeitig die Frage nach der Grenzziehung zwischen Wissenschaft und reiner Technikentwicklung.
Eine Auseinandersetzung und eine langfristige Beobachtung der Gentechnologien sind aber nicht nur aus wissenschaftsinterner Perspektive angezeigt. Die Gentechnologien sorgen auch jenseits von Laboren für Gespräche, weil ihr möglicher Einsatz das Leben aller elementar berühren kann und damit alle Mitglieder der Gesellschaft betrifft: Mit ihnen ist die Frage verbunden, in welcher Welt wir leben (wollen). Unverkennbar erwächst aus wissenschaftlich-technischem Fortschritt Verantwortung in Bezug auf seine mögliche Anwendung. Das gilt für den Einsatz von Technik allgemein, jedoch eben für die Gentechnologien aufgrund ihrer Anbindung an gesellschaftliche Grundbelange und ihren potenziell weitreichenden Konsequenzen in besonderem Maße. Das ist auch der Fall, weil oftmals die Folgen von Anwendungen heute noch nicht vorhersehbar sind, mögliche Konsequenzen über die individuelle Lebenspanne eines Individuums hinaus wirksam sein können und bestimmte praktische Entscheidungen nicht revidierbar sind. Gentechnisch veränderte Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen lassen sich kaum wieder zurückholen, wenn sie einmal in die Natur freigesetzt sind. Das heißt, Gentechnologie wirft die Frage auf, ob der Mensch dem von ihm gemachten technischen Fortschritt nicht selbst auch Grenzen setzen sollte oder sogar muss – während auch die Nichtnutzung der Möglichkeiten der Gentechnologie unabsehbare, ja sogar fatale Folgen haben kann und auch nicht-gentechnische Verfahren nicht per se als sicherer eingestuft werden können.
Damit tritt die charakteristische Janusköpfigkeit des technischen Fortschritts bei der Gentechnologie besonders deutlich zutage und macht eine sachliche, differenzierte Bestandsaufnahme umso erforderlicher, die der Komplexität des Wissens, seiner gesellschaftlichen Verortung und öffentlichen Kommunikation gerecht wird. Nicht zuletzt diese Tendenzen sind es, die eine Auseinandersetzung mit der Gentechnologie rechtfertigen und vielmehr noch: notwendig machen. Dieser Aufgabe widmet sich die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Die Arbeitsgruppe aus namhaften Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaftlern/-wissenschaftlerinnen bietet hierfür ein unparteiisches und langfristiges Observatorium, das die unterschiedlichen Anwendungen der Gentechnologien sorgfältig aufarbeitet und deren Entwicklungen im Blick behält.